Tipps für die Praxis

Eine große Hürde für eine Softwarepatentanmeldung ist das Erfodernis der Technizität. Es ist daher empfehlenswert, sich sehr genau darüber Gedanken zu machen, ob die eigene Software überhaupt dem Patentrecht zugänglich ist. Die ständig sich ändernde, vielleicht sogar wechselhafte, Entscheidungspraxis der Gerichte und des EPA und die Inkonsistenz zwischen den deutschen Gerichten und dem EPA, machen diese Abwägung nicht einfacher. Letzten Endes wird immer ein Rest Unsicherheit bleiben. Es iost auch zu bedenken, ob die Kosten den Nutzen rechtfertigen. Kann eine Verletzung überhaupt erkannt werden? Letzten Endes wird Software als ein Verfahren, also als eine Abfolge von Befehlsschritten, beschrieben. Ein Verfahren ist aber stets schwieriger als Verletzung nachzuweisen als ein Sachanspruch.

Es können gewisse Merkmale eines Anspruchs, Aufgaben, die der Anspruch erfüllt, und Wirkungen einer Software beschrieben werden, die von den Patentämtern eher tendenziell als Nachweis der Technizität akzeptiert werden. Liegen diese vor, kann mit einer größeren Sicherheit von der Patentfähigkeit der Software ausgegangen werden.

Auf alle Fälle kann festgestellt werden, dass die Formulierung von Ansprüchen für Softwarepatentanmeldungen eine besondere Expertise erfordern. Auch die Formulierung der Beschreibung muss in besonderer Form erfolgen. Man sollte daher einen Patentanwalt wählen, der in Punkto Softwarepatentanmeldung eine ausreichende Erfahrung aufweisen kann.

Ist ein Patent sinnvoll?

Bevor das Projekt "Softwarepatent gestartet wird, sollte man sich grundsätzliche Gedanken darüber machen, ob ein Patent geeignet ist, die eigenen Interessen zu schützen. Ein Patent schützt ein grundsätzliches Konzept. Ist das Besondere der eigenen Software, dass sie in einer speziellen Implementierung, beispielsweise in einer besonderen Sprache vorliegt, so genügt das automatisch entstehende Urheberrecht. Ein weiterer Patentschutz ist dann ohnehin nicht möglich, da die Technizität nicht erfüllt ist.

Kosten: Sie sollten die Kosten realistisch einschätzen. Die Ausarbeitung einer Patentanmeldung für eine computerimplementierte Erfindung ist typischerweise deutlich teurer als eine Patentanmeldung im Bereich Maschinenbau oder Elektrotechnik. Außerdem ist die Erteilungsdauer zu berücksichtigen. Es ist von vier Jahren bis zur Erteilung eines Patents auszugehen.

Drei Hürden: Eine Softwarepatentanmeldung muss im Vergleich zu einer sonstigen Anmeldung immer drei hohe Hürden nehmen: Technizität, Neuheit und erfinderische Tätigkeit. Prognosen zur Technizität sind schwierig, da die Rechtsprechung sehr inhomogen ist. Es kann Ihnen daher passieren, dass Sie mit Ihrer Patentanmeldung scheitern, sprich kein Patent erhalten oder nur eines mit sehr kleinem Schutzbereich, Ihre Erfindung aber dennoch offen legen mussten und Ihre Wettbewerber daher über ihre Erfindung informiert haben.

Durchsetzbarkeit: Ein Patent ist nur wertvoll, wenn es durchsetzbar ist. Durchsetzbarkeit setzt voraus, dass eine Verletzung nachgewiesen werden kann. Ist es nicht möglich oder nur schwer möglich, eine Verletzung festzustellen, da beispielsweise die Software zu komplex für eine Analyse ist, ist ein Patent nicht sinnvoll.
Umgehungslösungen: Kann Ihr Patent leicht umgangen werden? Gibt es einfache Umgehungslösungen, die nicht geschützt werden können, weil sie gemeinfreier Stand der Technik sind? In diesem Fall ist ein Patent nicht sinnvoll.

Ist die Erfindung technisch?

Die große Schwierigkeit bei Softwarepatentanmeldungen ist die Beurteilung, insbesondere die Prognose, der Technizität der computerimplementierten Erfindung. Das Problem gestaltet sich auch wegen der unübersichtlichen und teilweise widersprüchlichen Rechtsprechung schwierig. Dem Anwender jedoch Indizien an die Hand gegeben werden, die auf eine ausreichende Techniziät oder einen Mangel derselben hinweisen können. Allerdings kann vor dem Hintergrund der nicht gefestigten Rechtsprechung keine Gewähr für die erfolsgträchtigkeit gegeben werden. Auch sind erhebliche Unterschiede auf deutscher und europäischer Ebene festzustellen.

Konkretes technisches Problem: Löst die Erfindung ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln? Das Problem darf kein organisatorisches oder betriebswirtschaftliches Problem sein.

Technische Einrichtung: Ist die Software für eine technische Einrichtung oder eine technische Anlage vorgesehen oder zumindest darauf derar lauffähig, dass die Anlage ihre Funktionen zumindest zum Teil erfüllen kann?

Anspruch: Ist im Anspruch eine technische Einrichtung oder ein sonstiges technisches Mittel erwähnt?

Technische Anwendung: Wenn die Software sozusagen einen Ersatz für eine Anwendung in der Physik, dem Maschinenbau, der Medizintechnik, dem Automobilbau oder einem sonstigen technischen Bereich darstellt, kann von enem technischen Charakter der Software ausgegangen werden.

Weiterer technischer Effekt: Veranlasst ein Computerprogramm auf einem Computer nur die jeweils üblichen Stromflüsse, die typischerweise durch das Ablaufen einer Software auf einem Computer erzeugt werden, so ergibt sich kein "weiterer" technischer Effekt. In diesem Fall ist die Software nicht patentfähig.

Technische Überlegungen: Ist die Software der Ausdruck einer Erkenntnis, die zu technischen Überlegungen führte, so liegen technische Merkmale vor.

Computer: Ordnet die Software das Zusammenwirken von Speicher, Schnittstellen, etc. neu, so liegt eine ausreichende Technizität vor.

Technische Einrichtung: Werden die Ergebnisse einer technischen Einrichtung verarbeitet oder wird diese technische Einrichtung angesteuert? In diesem Fall kann von Technizität der Software ausgegangen werden.

Technische Merkmale

Es gibt Bereiche, in denen die Anwendung von Software bereits gefestigt als technisch angesehen wird. Insbesondere wenn die Software auf einem klassisch als technisch angesehenen Bereich Anwendung findet, kann auch von einer ausreichenden Technizität der eingesetzten Software ausgegangen werden. Folgende Anwendungsbereiche führen zur ausreichenden Technizität der Software:

Computerspeicher: Wird der Speicher eines Computers optimiert bzw. wird der Speicher in einer besonderen Weise verwaltet, beispielsweise in virtuelle Speicheranteile aufgeteilt, kann von technischen Merkmalen ausgegangen werden.

Leistungsfähigkeit: Wird die Leistungsfähigkeit von Computern verbessert, wird das Technizitätserfordernis erfüllt.

Datenübertragung: Eine Software ist technisch, wenn die Datenübertragung beschleunigt wird.

Architektur: Wird durch die Software die Geräte- oder Datenarchitektur optimiert, liegt eine technische Software vor.

Schnittstellen: Eine verbesserte Schnittstellenverwaltung führt zur Technizität der betreffenden Software. Dasselbe gilt für die Ansteuerung oder Verwaltung der Tastatur oder des Speichers.

Sicherheit, Zuverlässigkeit und Energieeinsparung: Wird die Sicherheit der Datenpakete garantiert oder wird die Abarbeitung zuverlässiger oder kann eine Energieeinsparung erreicht werden.

Beispiele für Patentansprüche

Es gibt verschiedene Varianten, um durch einen Anspruch Software zu schützen. Insbesondere folgende Anspruchsformen sind gebräuchlich und von der Rechtsprechung grundsätzlich akzeptiert:

Computerimplementiertes Verfahren

Computer zur Ausführung eines Verfahrens nach einem vorhergehenden Anspruch

Vorrichtung mit einem Computer

Computerprogramm, das in einen Speicher eines Computers geladen wird, das ein Verfahren nach einem vorhergehenden Anspruch abarbeitet.

Speichermedium, Aufzeichnungsträger, Datenträger

Datenstrukturprodukt

Signal zur Übertragung oder Verkörperung von Daten

Beispiele für Formulierungen von Computerprogramm-Ansprüchen: Beispiel 1: Computerprogramm mit Programmcode zur Durchführung aller Verfahrensschritte nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wenn das Computerprogramm in einem Computer ausgeführt wird.

Beispiel 2: Computerprogramm, umfassend Befehle, die bei der Ausführung des Programms durch einen Computer diesen veranlassen, das Verfahren nach Anspruch 1 auszuführen.

Beispiel 3: Computerprogramm, umfassend Befehle, die bei der Ausführung des Computerprogramms durch einen Computer diesen veranlassen, die Schritte 1, 2, 3 etc. auszuführen.

Beispiel 4: Computerprogramm mit Programmcode, das auf einem maschinenlesbaren Träger gespeichert ist, zur Durchführung aller Verfahrensschritte nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wenn das Computerprogramm auf einem Computer ausgeführt wird.

Beispiel 5: Computerprogramm, das direkt in den internen Speicher eines digitalen Computers gealden werden kann und Softwareabschnitte umfasst, mit denen die Schritte gemäß Anspruch 1 ausgeführt wird, wenn das Computerprogramm auf einem Computer läuft.

Beispiel 6: Computerprogramm umfassend Programmbefehle zur Ausführung eines Verfahrens, umfassend folgende Schritte: ...

Beispiel 7: Computerprogramm umfassend Programmbefehle, die den Computer dazu veranlassen das Verfahren nach einem der Verfahrensansprüche 1 bis 5 auszuführen, wenn das Computerprogramm auf den Computer geladen oder ausgeführt wird.

Beispiel 8: Computerprogramm, umfassend Codeteile, die zur Durchführung der Schritte entsprechend des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5 adaptiert wurden, wenn das Computerprogramm in einen Computer geladen wird.

Ein Computerprogrammprodukt-Anspruch könnte folgendermaßen formuliert sein: Computerprogrammprodukt: Computerprogrammprodukt, das direkt in den internen Speicher eines digitalen Computers geladen werden kann und Softwareabschnitte umfasst, mit denen die Schritte gemäß dem Anspruch 5 ausgeführt werden, wenn das Produkt auf einem Computer läuft.

Ein computerlesbares Speichermedium könnte folgendermaßen beansprucht werden: Computerlesbares Speichermedium: Computerlesbares Speichermedium, umfassend Befehle, die bei der Ausführung durch einen Computer diesen veranlassen, das Verfahren nach Anspruch 5 auszuführen.

Alternativ könnte formuliert werden:

Computerlesbares Speichermedium: Computerlesbares Speichermedium, umfassend Befehle, die bei der Ausführung durch einen Computer diesen veranlassen, die Schritte 1, 2, 3, etc. auszuführen.

Ein computerlesbarer Datenträger könnte folgendermaßen formuliert werden: Computerlesbarer Datenträger: Computerlesbarer Datenträger, auf dem das Computerprogramm nach Anspruch 7 gespeichert ist.

Tipps für die Beschreibung

Software kann für jede Wissenschaft eingesetzt werden, nicht nur für technische Wissenschaften. Eine Softwarepatentanmeldung ist daher in besonderem Maße erklärbedürftig. Insbesondere muss beschrieben werden, für welche technische Gebiete die computerimplementierte Erfindung vorgesehen sein kann. Allgemeine Wirkprinzipien der Ansprüche sollten beispielhaft in der Beschreibung durch konkrete Ausführungsformen erläutert werden. Die einzelnen Verfahrensschritte sollten beispielhaft illustriert werden: was steuert was, warum mit welchem Ergebnis? Es sollte auch beschrieben werden, wo das Computerprogramm geladen ist, bzw. wo seine Daten gespeichert werden. Vorzugsweise kann mit der Input-Output-Beschreibung die Wirkweise der Software dargestellt werden. Die einzelnen Softwaremodule sind zu erläutern sowie deren Zusammenwirken.